Ein Museum, das eine der bedeutendsten Privatsammlungen der bildenden Kunst in den Niederlanden beherbergt. Aluminium ist ein dankbares Material für den Entwurf.
Es muss ein Missverständnis ausgeräumt werden. Insbesondere, da dieses Missverständnis der spektakulären Bescheidenheit des Entwurfs des privaten Museums Voorlinden in Wassenaar Abbruch tut. Durch die 115.000 schräggeschnittenen Aluminiumröhrchen unter dem Dach fällt kein Licht von Norden ein, wie dies in diversen Veröffentlichungen steht, sondern es wird das Licht von Süden reflektiert. Was das ausmacht? Viel! Besonders für das Erleben. Starres Licht von Norden unterscheidet sich vom wechselnden, wärmeren, neugierigeren Licht von Süden wie Tag und Nacht. Das Erleben ist also wichtig, und dazu trägt der Lichteinfall wesentlich bei.
Das Museum Voorlinden, ein Entwurf von Dirk Jan Postel von Kraaijvanger Architects in Rotterdam, beherbergt eine der größten Privatsammlungen der bildenden Kunst in den Niederlanden. Das 125 m lange Gebäude, bei dem die Grundform aus Naturstein und transparenten Glaswänden besteht, bietet neben der ständigen Kollektion so auch Platz für Wechselausstellungen und Dauerausstellungen. Dem Architekten ist es gelungen, unter anderem mit Licht eine „Wohnzimmeratmosphäre“ für die Privatsammlung zu schaffen. „Es fällt Tageslicht ein, wechselndes Licht von Süden. Diese Kunstwerke hingen immer zuhause, ebenfalls in wechselndem Licht. Für mich war lebendiges Licht für die Privatkollektion der Ausgangspunkt.“
Von außen bemüht sich das Gebäude - trotz der beachtlichen Abmessungen - nicht gerade, Eindruck zu schinden. Innen jedoch fühlt es sich anders an, voller Entdeckungen und Überraschungen. Zum Beispiel die verwendeten Werkstoffe. Kontrastreich: Naturstein und Holz, die helle, weiße Stahlkonstruktion des Dachs, große Glasfronten, eine strenge, dünensandfarbene Natursteinfassade und natürlich die 115.000 Aluminiumröhrchen. Ohne falsche Bescheidenheit sagt Postel, das Museumsgebäude manifestiere sich in der Umgebung, ohne jeden prätentiösen Anspruch, im Gegensatz zu ikonischen Entwürfen wie dem Guggenheim Museum in Bilbao oder dem Soumaya Museum in Mexico City. Das Museum Voorlinden strahlt aus: „Hier bin ich und diene dem Betrachter und der Kunst.“
Das Museum Voorlinden besteht aus sechs parallelen Wänden, die in die Umgebung gestellt wurden und eine Art Symbiose mit der Natur darumherum einzugehen scheinen. Auffällige Übereinstimmung mit dieser Natur: „Hier bin ich und bin zu etwas nütze.“ Im Gegensatz gerade zu ikonischen Museen lenkt der Entwurf des Museums Voorlinden nicht (primär) die Aufmerksamkeit auf sich selbst, sondern schafft einen Rahmen für das aufmerksame Betrachten. Ganz im Dienste der Kunst. Das Velum und das transparente Glasdach beispielsweise, in das eine indirekte LED-Beleuchtung integriert ist, sorgen dafür, dass die Kunstwerke sowohl tagsüber als auch abends möglichst natürlich beleuchtet werden. Doch auch die verblüffend schlanken meterhohen Stützpfeiler, die die gesamte Dachkonstruktion tragen. Schlanke Stahlsäulen, mit denen der Architekt - zusammen mit dem Hersteller - eine neue Norm gesetzt zu haben scheint, und die durch den schlanken Schnitt außerdem nicht als Hindernis im Weg stehen und in die Wände integriert sind. Alles im Zeichen des optimalen Kunstgenusses. Der Kunst des Weglassens. Ein Klischee - gewiss, aber doch ein Klischee mit Bedeutung, aufgeladen von Dirk Jan Postel. Das ist Dienen im Verborgenen. Gleiches gilt auch für die Fassadenelemente wie die Mauerabdeckung aus Aluminium, die nahezu unsichtbar in der Aussparung in der gemauerten Außenwand „verschwindet“. Intelligente Baudetails oder wie der Architekt erläutert: „Laurens Meulman, einer unserer Projektleiter, musste die komplexen Profile richtiggehend ausknobeln. Da freut man sich über die flexible Formbarkeit von Aluminium.“ Auch das Generatorhaus, das zum Museum gehört, hat maßgefertigte Aluminiumprofile.
Ein besonderes Paradox des Museums Voorlinden ist, dass gerade durch die Konzentration auf Details jeder störende Einfluss bis ins Detail versteckt ist. Man sieht zum Beispiel keine Feuermelder, wohl aber kleine Löcher, hinter denen sich die Feuermelder befinden. Ein Notausgangsschild ist für das ungeübte Auge nicht erkennbar, erst dann, wenn etwas passiert und das Schild aufleuchtet. Die Wände sind so genannte Serving Walls, in denen sämtliche Leitungen verlaufen. Alle Klimageräte, Steckdosen, Datenanschlüsse, Kartenlesegeräte für die Mitarbeiter sind verdeckt angebracht. Aus dem Blick, aber - wie die Baudetails aus Aluminium - vorhanden und nützlich.